Bei der Suche nach den Ahnen des
heutigen Menschen sind amerikanische Wissenschaftler jetzt möglicherweise auf die molekulargenetische Spur von "Adam" gestoßen. Diese führt, ebenso wie diejenige von "Eva", nach Afrika. Daß
die Mutter der Menschheit eine Afrikanerin war, die vor 100000 bis 200000 Jahren gelebt hat, legen molekulargenetische Untersuchungen an Mitochondrien nahe. Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, werden
mütterlicherseits vererbt. Anhand dieser Zellorgane haben Wissenschaftler schon 1987 die weibliche Abstammungslinie zurückverfolgt. Als wesentlich schwieriger gestaltete sich die Suche nach Adam. Hierbei muß man
auf das im Zellkern enthaltene Erbgut zurückgreifen. Forscher der Stanford-Universität und der Universität von Arizona in Tucson sind nun im ,,männlichen" Y-Chromosom auch Adam auf die Spur gekommen
(,"Science", Bd. 278, S. 804). Dieser paßt auch zeitlich zu Eva.
Die Suche gestaltete sich als
schwierig, weil das Erbgut im Zellkern - anders als dasjenige der Mitochondrien größtenteils über Generationen hinweg weitgehend unverändert bleibt. Mit einem neuartigen Verfahren zum raschen Aufspüren kleiner
genetischer Abweichungen ist es Peter Oefner und Peter Underhill von der Stanford-Universität aber in diesem Jahr gelungen, bei Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt insgesamt 93 sogenannte Polymorphismen
auf dem Y-Chromosom zu identifizieren. Setzt man eine mehr oder weniger konstante Mutationsrate voraus, lassen sich daraus Rückschlüsse auf den Stammbaum ziehen. Als besonders ursprüngliches Element erwies sich
der
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Polymorphismus M42, gekennzeichnet
durch den Baustein Adenin. Dieses Merkmal ist heute ausschließlich in Afrika zu finden, wie Untersuchungen an 900 Männern ergaben. Es war bei rund 15 Prozent der Khoisaniden Südafrikas sowie bei 5 bis 10 Prozent
der Äthiopier und Sudanesen nachzuweisen. Irgendwann in der Vergangenheit hat an der Stelle M42 eine Mutation stattgefunden. Statt Adenin findet man dort ein Thymin. Männer mit dieser Mutation haben offenbar den
Kontinent verlassen und sich im Laufe der Zeit über die ganze Erde verbreitet.
Die Forscher um Michael Hammer in
Tucson untersuchten bei mehr als 1500 Männern eine andere Region des Y-Chromosoms. Dabei fanden auch sie Hinweise darauf, daß Adams Spur am ehesten noch bei den Khoisaniden zu erkennen ist. Die entsprechende
Stelle im Erbgut ist ebenfalls durch ein Adenin gekennzeichnet. Auch in diesem Fall gab es vor langer.Zeit - vor vielleicht 150000 bis 200000 Jahren - einen Austausch mit einem anderen Baustein, mit Quanin.
Dieses ist die Variante, die heute in aller Welt zu finden ist. Auch die Forscher aus Tucson vertreten die These, daß die Vorfahren des Menschen vom afrikanischen Kontinent aus die Erde erobert haben. Einige der
zunächst nach Asien vorgedrungenen frühen Menschen sollen Hammer zufolge wieder nach Afrika zurückgekehrt sein - mit einer neuen Mutation. Erbmerkmale, die aus der Vermischung mit asiatischen Menschen stammen,
müßten demnach heute in aller Welt zu finden sein. Tatsächlich haben Wissenschaftler in einem Beta-Globin-Gen Hinweise auf einen solchen Ursprung entdeckt.
R.W.
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