Der Einkorn, eine dem Weizen verwandte
Getreideart, wurde vermutlich im Südosten der heutigen Türkei zum erstenmal landwirtschaftlich genutzt. Das belegen vergleichende Untersuchungen der Erbsubstanz: In den Karacadag-Bergen haben Bauern offenbar die
ersten Kulturen des Einkorns angelegt: Insgesamt ist dies erst die dritte Art von Nutzpflanzen, deren genauen Ursprungsort man kennt.
Der sogenannte „Fruchtbare
Halbmond", der als die Wiege der Landwirtschaft gilt, umfaßt den Norden des Iran und Irak sowie Teile Syriens und der Türkei. Eine Reihe von Kulturpflanzen, aber auch Nutztiere wie Schaf, Ziege, Schwein und
Rind wurden in dieser Region erstmals domestiziert. Der genaue Ursprungsort vieler Nutzpflanzen innerhalb des Fruchtbaren Halbmondes ist jedoch unbekannt. Nur für zwei Arten von Hülsenfrüchten, die Kichererbse
(Cicer arietinum) sowie die Saatwicke (Vicia sativa) war bisher die exakte Herkunft bekannt. An welchem Ort Gerste, Emmer, Faserlein oder Linsen erstmals gezielt vermehrt wurden, ist dagegen noch unklar.
Eine Gruppe mit Wissenschaftlern aus
Deutschland, Norwegen und Italien hat unter der Leitung von Francesco Salamini vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln jetzt die geographische Verbreitung des Einkorns (Triticum monococcum subsp.
boeoticum) aufgeklärt. Die Forscher verglichen den Aufbau der Erbsubstanz mehrererhundert wilder und kultivierter Linien des Einkorns aus dem Nahen Osten. Dabei fanden sie elf wilde Linien aus dem Gebiet der
Karacadag-Berge, die sich nur geringfügig von den
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ersten kultivierten Formen
unterschieden. Die enge Verwandtschaft zwischen den wilden und den domestizierten Pflanzen ist nach Ansicht der Wissenschaftler ein deutlicher Hinweis, dass die Pflanzen auch anfangs ohne große Schwierigkeiten
kultiviert werden konnten.
Zwar sind für die gezielte. Nutzung einige äußerliche Veränderungen wie beispielsweise ein bruchfester Halm wichtig, solange dafür aber nur geringe genetische Unterschiede wie beim Einkorn notwendig sind, ist die Kultivierung innerhalb weniger Generationen möglich. Dass Einkorn aus dem Gebiet der heutigen Türkei stammt, läßt sich zudem mit einer Reihe archäologischer Funde belegen. Die Ausgrabungsstätten von Catal Hüyük und Cayönu sind nur unwesentlich voneinander entfernt. Das dort gefundene Saatgut zeigt, daß schon 7600 vor Christi Geburt in diesen Siedlungen Ackerbau betrieben wurde.
Die räumliche Nähe der
Herkunftsgebiete vieler heute wichtiger Kulturpflanzen war vermutlich eine entscheidende Voraussetzung für den Übergang. vom nomadischen Jäger- und Sammlertum zur Landwirtschaft. Nur durch die gleichzeitige
Nutzung unterschiedlicher Pflanzen und Tiere war eine stabile Versorgung mit allen notwendigen Nahrungsbestandteilen wie Eiweiß, Vitaminen, und Kohlehydraten gewährleistet, Faserpflanzen wie Lein lieferten
darüber hinaus den Rohstoff für die Herstellung von Kleidung und Seilen. Der Anbau von Kulturpflanzen war bereits zu Anfang so erfolgreich, dass sich in nur zweitausend Jahren Ackerbau und Viehzucht über große
Gebiete Europas und Asiens ausbreiteten. olc.
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